Thoits, P. A. (2012). Role-Identity Salience, Purpose and Meaning in Life, and Well-Being among Volunteers. Social Psychology Quarterly, 75 (4), 360-384.
Besteht ein Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Wihtigkeit (in der Psychologie auch als Salienz bezeichnet) der Rolle als Ehrenamtlicher und der geistigen und körperlichen Gesundheit? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Wichtigkeit und dem Lebenssinn? Hängen Lebenssinn und geistige und körperliche Gesundheit zusammen?
Kann der Zusammenhang zwischen Wohlbefinden und wahrgenommener Wichtigkeit der Rolle durch den Lebenssinn erklärt werden?
Diesen Fragen widmete sich die Soziologin Peggy A. Thoits in ihrem Artikel: Role-Identity Salience, Purpose and Meaning in Life, and Well-Being among Volunteers. Social Psychology Quarterly, 75 (4), 360-384.
Was weiß man bereits?
- Soziale Rollen können sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken, weil sie die Person mit Sinn erfüllen.
- Je mehr vor allem freiwillige Rollen ein Individuum einnimmt, desto besser ist sein geistiges und körperliches Wohlbefinden.
- Rollen wirken ähnlich wie Verhaltensrichtlinien: Sie sind mit gewissen Erwartungen verbunden und schützen so vor Unsicherheit.
- Diese Verhaltensnormen beinhalten oft auch gewisse Erwartungen hinsichtlich eines verantwortungsvollen Gesundheitsverhaltens.
- Kompetentes Handeln im Rahmen der Rollen führt zu positiver Selbstbewertung und einem hohen Selbstwertgefühl.
- Personen mit hohem Selbstwertgefühl erleben mehr Glück und Zufriedenheit mit ihrem Leben, welche die Schlüsselaspekte von subjektivem Wohlbefinden darstellen.
- Es besteht ein wechselseitiger Zusammenhang: Mehrfache Rollen begünstigen das geistige und körperliche Wohlbefinden und Personen mit hohem Wohlbefinden nehmen im Laufe ihres Lebens mehr Rollen ein.
Grundsätzlich ist also anzunehmen, dass je wichtiger eine Rolle einer Person ist, desto mehr sollte diese auch ein Gefühl von Sinn im Leben vermitteln. Dies führt in der Folge zu besserem geistigen und körperlichen Wohlbefinden.
Getestet wurden die eingangs erwähnten Fragen an „Mended Hearts visitors“. Dabei handelt es sich um ehemalige Herzpatienten, die ehrenamtlich derzeitige Patienten und ihre Familien im Krankenhaus besuchen, um sie zu informieren und unterstützen.
Die Durchführung der Studie erfolgte in zwei Stufen:
- Zuerst wurden der Grad der Einbindung in die freiwillige Tätigkeit, die Lebensqualität und das körperliche und emotionale Wohlbefinden der „Mended Hearts visitors“ mittels Fragebögen erhoben.
- Anschließend fanden Telefoninterviews statt, in denen nach dem Grund für die Besuche, nach der Bedeutung, die sie aus der Arbeit ziehen und den Typen von Unterstützung, die sie anbieten, gefragt wurde.
Ergebnis:
- Es zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Bedeutsamkeit der Rolle als „Mended Hearts visitor“ und der geistigen und körperlichen Gesundheit der Person. D.h. je mehr Bedeutsamkeit der Rolle beigemessen wurde, desto besser erwies sich die geistige und körperliche Gesundheit bzw. je besser die geistige und körperliche Gesundheit ausgeprägt war, desto bedeutsamer wurde die Rolle wahrgenommen.
- Ebenso ließ sich ein Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Wichtigkeit der Rolle als Ehrenamtlicher und dem Lebenssinn feststellen. D.h. je mehr Bedeutsamkeit der Rolle beigemessen wurde, desto mehr Lebenssinn erfuhr die Person und umgekehrt.
- Auch hingen Lebenssinn und körperliche und geistige Gesundheit zusammen: Je mehr Sinn die Person erfuhr, desto besser war ihre geistige und körperliche Gesundheit bzw. je besser die geistige und körperliche Gesundheit der Person war, desto mehr Sinn erfuhr sie.
- Der Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Bedeutsamkeit der Rolle und dem Wohlbefinden könnte durch die aufgrund der Rolle verstärkte Wahrnehmung von Lebenssinn erklärt werden.
- Die Autorin nimmt folgenden Entfaltungsprozess an:
- Ebenso wird aber wohl der Fall sein: Je besser das eigene Wohlbefinden und je sinnvoller das Leben wahrgenommen wird, desto eher investiert man in ehrenamtliches Engagement.
Fazit:
Freiwilliges Engagement geht mit Sinnerleben und Wohlbefinden einher. Für alle Sinnsuchenden unter uns bedeutet das, dass eine Möglichkeit das eigene Sinnerleben und Wohlbefinden zu verbessern darin besteht, sich freiwillig in einem oder mehreren „sinnvollen“ Bereichen zu engagieren. Man entwickelt eigene Stärken und übernimmt Verantwortung – und, wie der Artikel zeigt, es lohnt sich nicht nur für die Hilfeempfänger!
Zusammengefasst von Melanie Oberleitner